Wirkungsweise der Massage - Seite 2

Quelle:
Hüter-Becker, Schewe, Heipertz: Physiotherapie, 1996

Schmerzlindernde Wirkung

Sowohl akute als auch chronische Schmerzen werden durch Massage gelindert oder behoben. Zum Einen kann Massage auf reflektorische Weise Schmerzhemmungsmechanismen im Rückenmark und Zwischenhirn aktivieren. Zum Anderen werden durch Massage schmerzauslösende Substanzen aus dem Körpergewebe ausgeschwemmt und damit die Reizwirkung an den Schmerzrezeptoren verringert. Die bei einer Massagebehandlung aktivierten Druck-, Dehn- und Berührungsrezeptoren bringen ihre Informationen über die gleichen Nervenfasern zum Rückenmark wie schmerzimpulse. Deshalb wird bei einer Massage die Zuleitung für diese Schmerzimpulse blockiert und eine Schmerzlinderung erzielt. Diese Art der Stimulation wird auch als Hyperstimulationsanalgesie bezeichnet und stellt eine der ältesten angewandten Schmerzkontrollmethoden dar. Zentrale Schmerzinhibitorzentren werden aktiviert und geben schmerzhemmende Impulse zum Kortex, Thalamus und in das Rückenmark.

Chemische Substanzen rufen im Gewebe eine Schmerzempfindung hervor, wenn sie in ausreichender Konzentration auftreten. Bei vielen dieser Stoffe handelt es sich um körpereigene Stoffe. Sie werden besonders bei Entzündungen oder anderen pathologischen Prozessen gebildet und freigesetzt. Zu diesen Substanzen zählen u.a. Histamin, Acetylcholin, Serotonin und Kaliumionen. Der Dauerschmerz wird u.a. von prostaglandinen unterhalten. Auch Sauerstoffmangel kann die Erregbarkeit von Schmerzrezeptoren steigern. Durch Massage wird der Gewebedruck erhöht und die schmerzauslösenden Substanzen über Venen und Lymphgefäße ausgeschwemmt und durch eine gesteigerte Durchblutung die Sauerstoffzufuhr erhöht.

Einfluß auf den Muskeltonus

Bei allen Massagetechniken, die in der nervale Muskeltonussteigerung eingreifen, spielen die im Muskel liegenden Muskelspindeln eine wichtige Rolle. Wird der Muskel unter dem Einfluß der Massage gedehnt, so nehmen an dieser Dehnung auch die Muskelspindeln teil und über einen Reflexbogen wird der Muskeltonus auf einen niedrigeren Sollwert eingestellt, sodaß der muskuläre Hartspann geringer wird.

Einfluß auf den Stoffwechsel

Neben einer verstärkten Diurese fand man nach einer Massagebehandlung auch eine verstärkte Ausscheidung von Schwefelsäure, Phosphorsäure und Chloriden im Harn. Auch die Ausscheidung von nach Muskelarbeit gebildeter Milchsäure ist nach einer Massage verstärkt. Die Regenerationsvorgänge im Muskel werden beschleunigt durch den schnelleren Abtransport von Stoffwechselprodukten und durch eine gesteigerte Blut- und Sauerstoffversorgung. Auch die Blutviskosität ( Zähigkeit des Blutes) wird durch Massagen gesenkt, was therapeutisch bei Durchblutungsstörungen ausgenutzt werden kann.

Einfluß auf die Psyche

Der Einfluß psychosomatischer Störungen auf den Bewegungsapparat und die Körperhaltung ist schon lange bekannt. Die psychisch-emotionale Entgleisung hat eine Auswirkung auf die Muskelgrundspannung, die Haltung, das Bewegungsverhalten und die Bewegungsbereitschaft.
Sekundär entsteht der Muskelspannungsschmerz, muskelrheumatische Beschwerden, Tendomyopathien und Insertionstendinosen. Diese Schmerzsymptome beeinflussen wiederum rückläufig den psychischen Prozess.

Untersuchungen haben gezeigt, daß depressive Menschen eine andere Innervation bestimmter Muskelgruppen haben, die zu einer Muskeltonusveränderung führen. Durch Massage wird der Kreislauf des Muskelspannungsschmerzes durchbrochen. Der Muskeltonus wird gesenkt. Dem Massierten wird über Massage das Gefühl für die Entspannungsfähigkeit der Gewebe vermittelt. Physischer Kontakt, Hautberührung und die Kommunikation durch Fühlen sind wesentliche Bedürfnisse für die Psyche und das Wohlbefinden.

Massage kann entspannend eingesetzt werden und wirkt beruhigend. Sie kann aber auch aktivierend eingesetzt werden.